Mein Weg zur fair trade Goldschmiedin

Gastbeitrag von Lisa Dörrer

Meine Motivation

Ich fing mit dem Goldschmieden an, weil ich es mit schönen Dingen verband: Glänzendes Gold, funkelnde bunte Steine und die Arbeit meiner Mutter, der ich zu Hause an ihrer Werkbank über die Schulter schaute. Eine Tätigkeit, bei der mit Feuer und geschickten Händen etwas sehr Schönes erschaffen werden konnte. Trotzdem war ich einige Jahren später schon bereit, diesen Beruf aufzugeben, als ich lernte, dass der schöne Schein trügt.

Nachdem ich die Ausbildung beendet hatte, arbeitete ich als Goldschmiedin sowie in der Produktentwicklung und im Management im In- und Ausland. Ich fand alles sehr spannend und liebte es, mit meinem Beruf in anderen Ländern arbeiten zu können.

Die Schmuckindustrie hat mich geprägt, hier kam das Thema Nachhaltigkeit aber gar nicht erst auf – das eine schien mit dem anderen nichts zu tun zu haben. Das änderte sich für mich erst in Indonesien. Hier lebte ich dreieinhalb Jahre, umgeben von sozialen und materiellen Gegensätzen und einem Freundeskreis, der sich mit sozialer Entwicklung und Völkerrechten beschäftigte. Ich arbeitete bei einer großen Schmuckfirma, die aus Bambus aufgebaut inmitten von Reisfeldern stand. Erst hier merkte ich, dass meine Arbeit und meine Entscheidungen sehr wohl eine Auswirkung haben. Ich lernte Menschen kennen und schätzen, die ihre ganze Energie in den Dienst einer guten Sache stellten und anderen Menschen halfen.

Und es dauerte nicht lange, bis ich mit meiner bisherigen Arbeit unzufrieden wurde. Was eben noch Sinn ergeben hat, noch präziser und noch schöner zu arbeiten, wurde in den Schatten der Herkunft der Metalle und Edelsteine gestellt. Ich begann, mich mit dem Ursprung der Edelmetalle und Steine zu beschäftigen und einzuarbeiten. Ich war sehr erstaunt, dass dies nie Thema in einer meiner vorherigen Anstellungen war.

Den Abbau von Gold begleiten Konflikte sowie enorme Risiken, zu denen verheerende direkte und indirekte Folgen für die Umwelt gehören. Dazu kommen moralische Aspekte und Menschenleben: (Quelle 1) Etwa 1 Millionen Kinder arbeiten weltweit im Goldabbau. (Quelle 2) (Und leider ganz aktuell: Erst vor einer Woche sind bei einem Feuer 27 Menschen in einer Goldmine in Peru gestorben. (Quelle 3))

Es entsetzte mich, wie sich die Ausbeutung durch den Abbau von Rohstoffen zieht, mit denen ich arbeite.

Und wieso spricht in der Schmuckbranche kaum jemand ernsthaft darüber? So viele Schmuckfirmen schweigen bei der Herkunft und den Abbaubedingungen, und ich wollte nicht Teil dieses großen Bluffs sein.

Ich lehnte eine Managementstelle in einer großen Schmuckproduktion in Bangkok ab, um bei einem kleinen Schmuck Startup auf Bali mitzumachen. Dieses unterstützte Frauen auf der Nachbarinsel. Danach folgten weitere Startups und Firmen mit nachhaltigem Ansatz. Schon hier wurde mir bewusst, dass der nachhaltige Weg kein einfacher ist.

Meine Hindernisse

Im Jahr 2020 habe ich mich schließlich mit meinem Schmucklabel Rose von Sharon selbstständig gemacht. Die Idee, Schmuck aus möglichst nachhaltigen und sozial gerechten Quellen herzustellen, hörte sich einfach an, war und ist in seiner Umsetzung allerdings schwierig. Da ich mit kleinem Budget startete, wollte ich zuerst mit fairem oder recyceltem Silber anfangen. Erst später würde Gold dazukommen. Ich machte mich also auf die Suche nach einer Gießerei, die meine Modelle in nachhaltigem Stil gießen konnte.

Da es bis heute in Deutschland keine Gießerei gibt, die sich für den Guss fairer Metalle zertifizieren lassen hat, landete ich zwangsläufig erstmal bei recyceltem Silber. Doch wieder fand ich niemanden, denn keiner wollte mir eine so kleine Menge Altsilber in guter Qualität gießen.  

So begann ich vorerst mit einem Silberkonto: Das Silber, das darauf  “eingezahlt” wird, stammt aus Ankäufen von Altsilber. Die Gießerei zieht mir den vergossenen “Silberbetrag” von meinem Konto ab.

Beim ersten Goldguss war es anders, hier konnte ich mich an eine Gießerei wenden, die ausschließlich mit recyceltem Gold arbeitete.

 “Recycling” ist nichts Neues in der Schmuckbranche. Die Edelmetalle haben einen Wert und eignen sich gut um wiederverwendet zu werden.

Es ist also nicht der Gedanke an die Nachhaltigkeit, der an erster Stelle steht, wenn Gold wieder eingeschmolzen wird. Es sind primär finanzielle Gründe.

Aber wann gilt Minengold eigentlich als recycelt? Wenn dieses zum Barren eingeschmolzen wurde und dann wieder zu Schmuck gegossen wird? Reichen zwei Schritte, um von nicht zurück verfolgbarem Minengold zu Recyclinggold zu werden? Oder ist es erst nachhaltig, wenn ein durchgetragener Goldring eine neue Verwendung findet? Hier fehlt in unserer Branche noch sehr viel Transparenz und eine klare Definition.

Mein Ziel war es weiterhin, neben recyceltem Edelmetall vor allem auch faires Gold und Silber anzubieten. Das Wiederverwenden von Gold reicht bei Weitem nicht aus, es macht lediglich ein Viertel des Bedarfs weltweit aus (Quelle 4).

Diese Zertifizierungen für faires Gold und Silber sind essentiell und stehen im Gegensatz zur üblichen mangelhaften Transparenz. Die Organisationen, wie Fairtrade oder Fairmined, sind Teil einer nachweisbaren Kette, durch die sich das Metall bis zur Goldmiene zurückverfolgen lässt. Es ist mir wichtig, diese  zu unterstützen, da sie mit sehr viel Mühe versuchen, die Bedingungen im Goldabbau zu verändern. Mit diesem Hintergrund ist es für mich wirklich etwas Besonderes, mit fairem Gold von fairtrade (registriert seit 2022) und fairmined (lizensiert seit 2023) arbeiten zu dürfen.

Über die Goldanbieter FAIREVER und Merkle gab es zudem für mich die erste Möglichkeit, faire Halbzeuge, wie zum Beispiel Draht oder Ringrohlinge aus fairem Gold, zu beziehen. Hiermit konnte ich einige erste Modelle direkt in Gold erarbeiten.

Und dann hatte ich dieses Jahr noch mehr Glück, ich fand eine Gießerei die bereit war, Gold und Silber aus fairem Ursprung getrennt zu behandeln und zu gießen und damit in einen Vertrag mit mir zu gehen. Dies ist nun zu einem wichtigen Teil meiner eigenen Lieferkette geworden.

Auch Labordiamanten und fair abgebaute Steine sind ein wichtiger Bestandteil meines Schmuckangebots, denn gerade der Diamant gilt seit geraumer Zeit als Konfliktrohstoff.(Quelle 5)

Meine Tipps

Woher weiß ich beim Schmuckkauf, ob der als nachhaltig angepriesene Schmuck wirklich hält, was er verspricht?

“Nachhaltig” und “recycelt” liest man inzwischen bei sehr vielen Schmucklabels. Um herauszufinden, ob das Label eurer Wahl sich wirklich mit dem Thema befasst hat, könnt ihr sie einfach direkt fragen. Woher kommen das recycelte Gold und Silber? Was ist eure Policy? Warum seid ihr nachhaltig? Was unterscheidet euch von anderen?

Wenn sie eine tolle Möglichkeit gefunden haben, um nachhaltig zu arbeiten, erzählen sie es sicher gerne und können das auch nachweisen.

Worauf kann ich beim Schmuckkauf noch achten?

Überlege dir deine Käufe gut. Willst du diesen Schmuck lange tragen? Ist es auch stabil genug, um über viele Jahre getragen werden zu können? Gerade Ringe werden über die Jahre beim Tragen dünner, also sollten sie nicht von Anfang an sehr fein sein. Falls es Steine oder andere Elemente im Schmuck gibt, kann man genauso auch hier nach dem Ursprung fragen. Außerdem sollten diese gut gefasst und möglichst nicht geklebt sein.

Lisa Dörrer

Goldschmiedin und Inhaberin des nachhaltigen Schmucklabels Rose von Sharon

Schmuck bei www.rosevonsharon.de

Trauringe und Verlobungsringe bei www.fairandbrilliant.com

Ist dir nachhaltig und fairer Schmuck wichtig? Oder hast du noch eine Frage an Lisa? Dann schreib gern unten in die Kommentare.

Quellenangaben

Quelle 1: https://www.wwf.de/themen-projekte/waelder/mining/gold-mining#:~:text=Denn%20um%20Gold%20abzubauen%2C%20werden,den%20Boden%20und%20in%20Gew%C3%A4sser.
Quelle 2: Seite 39: https://www.wwf.ch/sites/default/files/doc-2021-11/2021_11_The%20Impact%20of%20Gold%20WWF.pdf
Quelle 3: https://en.wikipedia.org/wiki/2023_Yanaquihua_gold_mine_fire
Quelle 4: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1168470/umfrage/anteil-von-recycling-gold-am-gesamten-weltmarktangebot/#:~:text=Anteil%20von%20Recycling%2DGold%20am%20gesamten%20Weltmarktangebot%20bis%202021&text=Rund%20ein%20Viertel%20(24%2C6,gilt%20ebenfalls%20f%C3%BCr%20die%20Vorjahre.
Quelle 5: https://sicherheitspolitik.bpb.de/de/m4/articles/conflict-resource-diamonds

Stand Mai 2023 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner